Brandtote sind Rauchtote
Nicht das Feuer ist das größte Problem bei einem Brand, sondern der Rauch stellt die schwerwiegende Gefahrenquelle No. 1 für die Menschen im Gebäude und für die Feuerwehr dar.
Die Folgen sind dramatisch: Innerhalb von nur drei Minuten sinkt die Sichtweite durch den entstandenen Rauch so weit ab, dass Menschen im Gebäude die Orientierung verlieren und sich nicht mehr in Sicherheit bringen können. Erschwerend kommt die schnell zunehmende Konzentration des Gases Kohlenmonoxid (CO) hinzu. Diese steigt im Laufe des Brandes sprunghaft an und führt von Kopfschmerzen über zunehmende Vergiftungserscheinungen und Bewusstlosigkeit bis zum Tod.
In Deutschland gibt es etwa 340 Brandtote jedes Jahr. Zum Glück müssen die wenigsten Menschen in ihrem Leben selbst einen Brand als Betroffene erleben. Da die meisten Personen keine Erfahrung mit der Situation eines Brandes haben, begehen sie jedoch meist schon bei der ersten Reaktion große Fehler. Anstatt Angst verbinden die meisten Menschen Neugierde mit Feuer. Gucken und staunen statt weglaufen und alarmieren, ist oft die Devise.
Die Unkenntnis darüber, dass sich Brandrauch rasend schnell ausbreitet und in wenigen Sekunden sämtliche Flucht-, Rettungs- und Löschangriffswege blockiert, ist lebensbedrohlich. Denn die Auffassung der Menschen, dass sie im Brandfall genügend Zeit für eine Flucht haben, trügt - weniger als drei Minuten bleiben Ihnen zur Flucht. Grund des kurzen Zeitfensters für eine Rettung ist die giftige Rauchentstehung und schnelle Ausbreitung des Brandrauchs in Gebäuden.
Brandrauch und seine Gefahren
Das Gefährliche an Brandrauch sind die giftigen Gase, die bei einem Brand entstehen. Abhängig von der Brandursache, den Gegenständen und der Umgebung, in der es brennt, enthält der Rauch giftige Substanzen, die über die Lunge in den Organismus gelangen und die Lungenoberfläche beschädigen. Beispiele für solche giftigen Substanzen sind Kohlenmonoxid, Salzsäure oder Zyanidverbindungen, die etwa bei dem Brand von Kunststoffverblendungen entstehen können.
Woraus sich der Brandrauch zusammensetzt, hängt ganz davon ab, was brennt. Auch die Ausbreitung des Brandes hängt von der Umgebung und eventuell präventiv getroffenen Schutzmaßnahmen ab.
Wie entsteht Brandrauch?
Bei der Verbrennung von Materialien entstehen zwei Dinge: Rauch- und Zersetzungsgase sowie Wärme. Rauch- und Zersetzungsgase sind bei diesem Verbrennungsprozess nicht in Wärme umgesetzte Bestandteile der Verbrennung. Rauch ist ein durch Verbrennungsprozesse entstehendes Aerosol in feinstverteilter Form aus Abgasen, Staubpartikeln wie etwa Ruß, Flugasche oder Unverbranntes und Nebeltröpfchen wie zum Beispiel Wasser, Öldämpfe und Säuredämpfe.
Voraussetzung für die Entstehung des Verbrennungsprozesses ist ein Zusammentreffen von einem brennbaren Stoff, Wärme und Sauerstoff im richtigen Mengenverhältnis. Wie energiereich die Verbrennung abläuft, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Menge der Brandgutoberfläche
- Thermischer Zustand
- Sauerstoffgehalt
- Zünd- oder Entflammungsenergie
Je energiereicher die Verbrennung stattfindet, desto geringer ist die Rauch- und Zersetzungsgasbildung.
Bedeutet: Bei einer optimalen Verbrennung bildet sich relativ wenig Rauch, bei einer nicht optimalen Verbrennung oder einer schlechter werdenden Verbrennung, erhöht sich dagegen der Rauch- und Zersetzungsgasanteil erheblich.
Wie breitet sich Rauch aus?
In geschlossenen und nicht entlüfteten Räumen wird die Ausbreitung der Rauch- und Brandgase durch die Brandquelle bestimmt. Da ein Brand immer mit höheren Temperaturen als die der Umgebung abläuft, wird vom Brandherd Wärme in die Umgebung abgegeben. Diese erzeugt einen nach oben gerichteten Thermikstrom.
Der Rauch wird dann mit der nach oben steigenden Konfektionswärme abtransportiert. Dies geschieht in der Form eines sich nach oben öffnenden Trichters, der Plume genannt wird.
Über der Brandquelle steigen Rauch und Wärme im Plume nach oben und sammeln sich unter der Geschossdecke. Ohne Entrauchungseinrichtung zirkuliert die Raumluft und mit ihr der Rauch an der Decke entlang, die Wände herab und zurück zur Brandquelle.
Luft und Rauch schichten sich dabei schlaufenförmig ein. So entsteht bei Räumen ohne Entrauchung zwangsläufig eine Rezirkulation in den Bodenbereich, die innerhalb weniger Minuten den zunächst rauchfreien Aufenthaltsbereich verraucht.
Welche Gefahren birgt Brandrauch?
Jedes Feuer brennt auf seine eigene Weise und bildet in Bezug auf die Rauchmenge und die Zusammensetzung unterschiedlichen Brandrauch. Abhängig davon ergeben sich verschiedene Gefahren. Generell kann Brandrauch in vier verschiedene Gefahren unterteilt werden.
Brandrauch als Sichtbehinderung
In kürzester Zeit strömen Rußpartikel des Brandrauches in Räume eines Gebäudes, reduzieren rasant die Sichtweite und behindern den Menschen dabei Farben und Kontraste, beispielsweise die Farben von Fluchtwegbeschilderungen, erkennen zu können. Zudem reizt der Brandrauch die Augen stark, sodass die Sehstärke abnimmt. Brandrauch als Sichtbehinderung ist besonders gefährlich, da die vorhandene oder eben nicht vorhandene Sichtweite das menschliche Verhalten stark beeinflusst.
- Sichtweite mehr als 20 Meter: Wohlbefinden
- Sichtweite 10 bis 15 Meter: Unsicherheit
- Sichtweite unter 10 Meter: aufkommende Panik
Brandrauch als Atemgift im Gebäude
Neben giftigen Stoffen, wie zum Beispiel Chlorwasserstoff, Schwefeloxide oder Blausäure ist das häufigste bei Bränden auftretende Atemgift Kohlenmonoxid (CO). Dieses Atemgift ist farb-, geruch- und geschmacklos und ist für die meisten Todesfälle bei Bränden verantwortlich. Atemgifte unterscheiden sich in der Wirkung. Sie werden zwischen der Wirkung auf Blut, Nerven und Zellen, der Reiz- und Ätzwirkung oder der erstickenden Wirkung differenziert.
Brandrauch als brenn- oder explosionsfähiges Folgeprodukt
Im Brandrauch sind thermische Zersetzungsprodukte enthalten, die sich bei Temperaturen über 400 °C entzünden können. Abhängig von der Konzentration und dem Schadstoffgemisch verläuft diese Verbrennung als eine schlagartige Explosion mit einer erheblichen Druckwelle. In Fachkreisen nennt man das den gefährlichen „Flash Over“.
Brandrauch als Umweltbelastung und Gebäudegefährdung
Je nach Brandverlauf und Schadstoffgemisch bilden sich aggressive Gase oder Flüssigkeiten. Diese können die Menschen, die Gebäudestruktur oder auch die Umwelt großflächig um die Brandstelle schädigen. Ein Beispiel dafür ist das verschmutzte oder sogar giftige Löschwasser, das ungehindert in öffentliche Gewässer abfließt und somit großen Schaden anrichten kann.
Die toxischen oder ätzenden Stoffe stellen auch eine große Gefährdung und Hinderung für die Feuerwehr dar. So ist die Schadstoffmessung während eines Brandes zu einer zusätzlichen Aufgabe der Feuerwehren geworden.
Die Feuerwehr benötigt für die Schadstoffmessung während des Einsatzes übersichtliche, bewertete Auskünfte über mögliche Brandprodukte und deren Zersetzung. Für die Messung der Konzentrationen von Brandgasen gibt es verschiedene Messmethoden wie Messröhrchen, elektromechanische Sensoren, Explosimeter oder Gasmessgeräte. Jedoch erschwert die oft fehlende Selektivität die Aussagekraft der Ergebnisse und macht es für die Feuerwehr umso schwieriger die Schadstoffe zu messen.
Die schwerwiegenden Folgen von Brandrauch
Neben Umwelt, Sach- und Gebäudeschäden sind vor allem die Personenschäden die schwerwiegendsten Folgen beim Ausbruch eines Brandes. Brandtote sind in den häufigsten Fällen Rauchtote. Denn mit Brandverletzungen eingelieferte Patienten sterben meist nicht wegen der verbrannten Körperoberfläche, sondern an den Folgen von Lungenkomplikationen.
Dabei spricht man von einem sogenannten Inhalationstrauma. Verletzte mit einem solchen Trauma haben toxische Substanzen eingeatmet. Daraufhin bilden sich akut oder erst nach drei bis fünf Tagen Lungenveränderungen aus, die Sauerstoffaufnahme und -austausch massiv erschweren bzw. unmöglich machen.
Im Falle von derartigen Rauchgasverletzungen haben die Patienten miserable Überlebenschancen.
Um das Ganze zu verdeutlichen, hier ein kurzes Beispiel: Bei Verbrennungen der Körperoberfläche von 21 bis 40 Prozent sterben nur zwei Prozent der Patienten. Haben diese zusätzlich ein Inhalationstrauma erlitten, steigt diese Rate rapide auf 38 Prozent an.
Selbst bei schweren Verbrennungen von 61 bis 80 Prozent überleben noch drei Viertel der Geschädigten, wenn keine Lungenverletzung vorliegt, jedoch nur ein Drittel, wenn das Inhalationstrauma hinzukommt.
Schutzmaßnahmen, die Leben retten
Zeit ist der entscheidende Faktor im Brandfall. Wie lange brauchen die Menschen, um Räume oder Gebäude zu verlassen? Wie schnell können in den Räumen verbliebene Menschen gefunden und gerettet werden? Wie lange braucht die Feuerwehr, um den Brandherd zu lokalisieren und gezielt zu bekämpfen? Die Antwort auf alle drei Fragen hängt ganz entscheidend von zwei Kriterien ab: Wie viel Rauch bildet sich wie schnell und wie wirksam wird der giftige und die Sicht nehmende Rauch abgeleitet? Denn je besser dieser nach außen abgeführt und durch Frischluft ersetzt wird, desto mehr Zeit bleibt für alle notwendigen Maßnahmen.
Rauchmelder für eine frühzeitige Erkennung
Zuerst gilt es, den Rauch möglichst frühzeitig zu entdecken. In privaten Haushalten, größeren Einrichtungen oder Bürogebäuden sind Rauchmelder dafür eine mögliche Lösung.
Automatische Rauchmelder erkennen den Rauch auch in Situationen, in denen es den Menschen nicht möglich ist, die Gefahrenquelle No. 1, den Rauch selbst zu entdecken, zum Beispiel nachts im Schlaf.
In Deutschland gilt in allen 16 Bundesländern für den privaten Wohnraum eine Rauchmelderpflicht. Die Details zu den Terminen und Fristen sowie zur Rauchmelder-Installation und Wartung regelt die Landesbauordnung in den jeweiligen Bundesländern.
RWA rettet Leben - Zeitgewinn durch raucharme Schicht
Selbst in 20 Meter hohen und 40 Meter langen Industriehallen bleiben den Personen im Brandfall nur wenige Minuten Zeit. Es bleibt die Hoffnung, dass die jeweiligen Betreiber der Gebäude für einen vorbeugenden Brandschutz gesorgt haben, also für gute Rauchabzugssysteme und leicht zu findende, kurze Fluchtwege. Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) sind ein unverzichtbarer Bestandteil einer verantwortungsvollen Brandschutz-Strategie, wenn auch nicht für alle Gebäude verpflichtend. Die Vorgaben für Rauchabzugsvorrichtungen sind bundesweit nicht einheitlich. Die Bundesländer schreiben in den jeweiligen Landesbauordnungen und zugehörigen Sonderbauverordnungen und Verwaltungsvorschriften vor, in welchen Fällen Rauchabzüge verlangt sind.
Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, die im Dach oder in Deckennähe eingebaut sind, können die Gase gezielt nach außen abführen, sodass sich über dem Boden eine ausreichend hohe raucharme Schicht bildet, in der sich Flüchtende und Rettungskräfte orientieren und bewegen können.
Die raucharme Schicht ermöglicht es den Personen im brennenden Gebäude, die Gefahrensituation besser und stressfreier einzuschätzen, lebensrettende Entscheidungen richtig zu treffen und die erkennbaren Fluchtmöglichkeiten schnell, sinnvoll und variabel zu nutzen.
Raucharme Schichten erleichtern es den Rettern, Verletzte zu finden und zu bergen sowie den Löschkräften, den Brandherd ohne Beeinträchtigungen zu lokalisieren und wirksam zu bekämpfen. Mit dem entsprechenden Nachweisverfahren, z. B. nach DIN 18 232-2, lässt sich in Abhängigkeit von Raumgeometrie und Brandausbreitung die für eine stabile raucharme Schicht nötige Anzahl und Größe der RWA bestimmen.